Satte neun
Jahre haben sich ZZ Top Zeit gelassen, um endlich wieder ein neues
Studiowerk zu fabrizieren.
Doch die Fans der Texas-Bärte werden durch eine grandiosen Arbeit des
legendären Southern- und Bluesrock-Trios entschädigt, die zum Besten zählt, was
dieses in seiner langen Karriere abgeliefert hat.
Die ewig erscheinende Wartezeit zahlt sich
bereits bei "I Gotsta Get Paid", dem unwiderstehlichen Opener des von
Produzenten-Guru Rick Rubin (Johnny Cash, Red Hot Chili Peppers, Beastie Boys, Slayer)
betreuten Longplayers, aus.
Der Sound ist warm, dreckig und herrlich
organisch, wie zu Zeiten ihrer Kultalben "Rio Grande Mud" (1972) und "Tres
Hombres" (1973) – nur eben mit modernem Equipment erzeugt. Die Melodien sind eingängig ohne plump zu wirken, umspielt von
satten Riffs, gnadenlos rein hauenden Boogie-Grooves und Billy Gibbons'
kratzigem Gesang. Der sagt mit clever gewählten, knappen Worten in einem cool rockenden
Song wie "Consumption" oder der ergreifenden Ballade "Over You" oft mehr, als die
meisten Kollegen auf einer ganzen CD.
Zu den weiteren Highlights zählen das von
einer göttlich jaulenden Mundharmonika geführte "Heartache in Blue", das
sehnsüchtig-epische "It's Too Easy" und das abschließende, mit einem brillanten
Backbeat gewürzte "A Little Mercy".
Der größte Trumpf des kultigen Dreiers ist
dabei seine jederzeit offensichtliche, in ihrer Selbstverständlichkeit dennoch
niemals aufdringliche Virtuosität, verbunden mit einer unvergleichlichen
Homogenität, die sich aus nun schon über 40 gemeinsamen Jahren auf der Bühne
ergibt.
Bei ZZ Top sitzt jede Note, jedes Arrangement-Element –
ob es nun Gibbons' wie ein wie ein glühendes Messer durch Butter schneidendes
Gitarrensolo, Dusty Hills pumpende Basslinien oder Frank Beards relaxte
Drum-Fills sind – kommt zum exakt richtigen Moment. Und vielleicht am
wichtigsten: auf dem kompletten Album gibt es nicht einen Ton zu viel. Eine
Kunst, die heutzutage kaum noch eine Band beherrscht.
SOCIAL
DISTORTION und ROYAL REPUBLIC rockten am Dienstag die Open-Air-Bühne im Hamburger Stadtpark.
„Turn this shit up! I don’t care about the rules.” Mike Ness, Frontmann
der coolen Social Distortion ist alles andere als happy über die
Lautstärkebeschränkungen, die die Hamburger Behörden den Rockern auferlegt haben.
Immer wieder bedeutet er während der ersten Stücke "I Was Wrong", "So Far Away"
und "Far Behind" seinem Soundmann, dieser möge doch die Regler höher drehen. „Louder!
This is a fuckin‘ rock ’n‘ roll show“, ruft der stilsicher in von breiten Trägern
über dem blütenweißen Hemd gehaltenen schwarze Hosen und mit schickem Fedora
auf dem Kopf gekleidete Kalifornier ein wenig genervt.
Dann
konzentriert sich Mr. Ness allerdings auf seine Musik und das stimmungsvolle Ambiente.
Schnell haben er und seine breitbeinig rockenden Begleiter ähnlich viel Spaß an
der 90-minütigen Show wie die gut gelaunten, fast 4.000 Besucher.
Kein
Wunder bei einem nahezu ausverkauften Rund und dem Hamburger Wetter, das sich
von seiner besten Seite zeigt. Social Distortions grandiose, immer ein wenig melancholische,
aber dennoch immens kraftvoll rockende Hymnen wie "Machine Gun Blues", "Story of My Life" oder "Reach for the Sky" bilden dazu den perfekten Soundtrack. Mit den
frenetisch gefeierten "Folsom Prison Blues" und "Ring Of Fire" – zwei
Coverversionen von Ness-Idol Johnny Cash – wird die rundum zufriedene Ü30-Meute
in den herrlich lauen Sommerabend entlassen.
Zu
dessen Gelingen tragen auch die schwedischen Kraftrocker Royal Republic im
Vorprogramm ein großes Stück bei. Von Sänger Adam Grahn mit schelmischen
Kommentaren begleitet, rast das Quartett durch sein aus neun Eigenkompositionen (darunter zwei Tracks vom in kürze erscheinenden Zweitwerk
"Save the Nation") und einer furiosen Interpretation des Motörhead-Klassikers "Ace of Spades"
bestehendes Programm.
Die
Malmöer werden von den Social-Distortion-Anhängern sehr gut aufgenommen und können
sicher einige neue Fans gewinnen. Am 21. September haben diese die Chance, die
Band erneut live zu erleben, wenn Royal Republic im Rahmen des
Reeperbahnfestivals zurück nach Hamburg kommen.
Gekürzte Version in der HAMBURGER MORGENPOST. Tolle Livefotos von der Show gibt es HIER zu sehen.