2011-05-31

R.E.M.: Collapse into Now

Wie schon der gelungene Vorgänger "Accelerate" (2008) wurde auch das 15. Album der Alternative- Legenden um Frontmann Michael Stipe wieder vom irischen Produzenten Jacknife Lee (U2, Snow Patrol, Bloc Party) betreut. Das mit Gästen wie Pearl Jam’s Eddie Vedder, Peaches und Patti Smith eingespielte Ergebnis ist nicht nur eine großartige Song-Sammlung, sondern eine Art „Werkschau mit neuen Kompositionen“. Will sagen: die Herren aus Athens/Georgia liefern mit Tracks wie dem scheppernd rockenden "Mine Smells Like Honey", dem sphärisch-nachdenklichen "Überlin" oder dem wunderschönen Akustiklied "Oh My Heart" einen extrem unterhaltsamen Überblick, über die von ihnen in den letzten 25 Jahren gelieferten Sounds. Mal knarzig laut und aggressiv, mal verträumt melancholisch-sanft, aber immer 100% R.E.M. Exzellent!

R.E.M.
Collapse Into Now
(Warner)
2011-03-04


R.E.M. – "Mine Smell Like Honey"

JOE BONAMASSA: Dust Bowl

Wirklich fleißig, der Herr Bluesrocker. Nicht nur, dass Joe Bonamassa sich als derzeit populärster Vertreter seines Faches scheinbar durchgehend auf Tour befindet. Der Sänger und Gitarrist (34) veröffentlicht auch noch jedes Jahr ein neues Album. Und das – erstaunlicherweise – offenbar ohne auch nur die geringsten Zugeständnisse in Sachen Qualität machen zu müssen. Aktuelles Beispiel dafür ist sein mittlerweile neuntes Studiowerk. 
Dessen warmer und sehr atmosphärischer, an die besten 70er-Produktionen von Acts wie Led Zeppelin, Free oder auch Traffic erinnernder Sound, verleiht Kompositionen wie dem hart rockenden "Slow Train", dem im Vergleich dazu eher relaxten Titellied oder dem lockeren Country-Boogie "Tennessee Plates" (ein Duett mit John Hiatt) zusätzliche Dichte. Großartig!

JOE BONAMASSA
Dust Bowl
(Provogue)
2011-03-18


JOE BONAMASSA – "Slow Train"

RISE AGAINST: Endgame

Der 2008er-Vorgänger "Appeal to Reason" war ein Riesenerfolg und machte die Melodic-Hardcore-Jungs endgültig zu weltweiten Stars - mindestens auf der Ebene von Bad Religion. Hierzulande sogar über den Veteranen. Warum also sollten Frontmann Tim McIlrath & Co. viel daran ändern, was ihnen das merkt man dem Vierer auf der Bühne immer wieder an selbst so viel Freude bereitet? Eben. So sind Nummern wie das flotte, immens eingängige "Architects", das knüppelharte „Survivor Guilt“, der dreckige Rocker "Midnight Hands" oder die Breitwand-Hymne "Help Is on the Way" ganz unverwechselbar Rise Against. Auch in Sachen Texten bleibt man bei Bewährtem. Bedeutet: man bietet gesellschafts-politisch motivierte, kritische Behandlungen solcher Themen wie den Nachwirkungen des Hurricane-Katrina-Desasters und des Irak-Krieges oder Homophobie und Rassismus in unserer ach so modernen, toleranten und aufgeklärten Gesellschaft etc. Alles beim Alten also. Und das ist gut so. Sehr gut sogar.

RISE AGAINST
Endgame
(DGC)
2011-03-11


RISE AGAINST – "Architects" (live)

2011-05-29

MANCHESTER ORCHESTRA: Simple Math

Laut, wild, bisweilen brachial und doch nachdenklich, emotional, melodisch? Diese widersprüchliche Kombination muss nicht zwangsläufig schizophren oder inhomogen klingen. Nicht wenn man Andy Hull heißt und Sänger/Songschreiber der wunderbaren Manchester Orchestra aus Atlanta im US-Bundesstaat Georgia ist. Das dritte Album der Band kommt als ihr mit Abstand mutigstes, ausdrucksstärkstes und rundum bestes Werk daher. Der alternative Rock aus Nordamerika steht im Jahre 2011 bisher exzellent da. Und das ist zu einem großen Teil das Verdienst von Mr. Hull, der u. a. mit dem komplexen Titeltrack, dem tosenden "April Fool", dem beschwingten "Pensacola" oder dem sphärischen "Virginia" gleich eine ganze Reihe potenzieller Genre-Klassiker geschaffen hat.

MANCHESTER ORCHESTRA
Simple Math
(Columbia)
2011-05-10


MANCHESTER ORCHESTRA – “Simple Math” (acoustic)

FRAN HEALY: Wreckorder

Der sympathische Sänger und kreative Kopf der soften Britrocker Travis gibt sein Debüt als Solokünstler. Dabei hat Fran Healy sämtliche Instrumente selbst eingespielt oder programmiert. Nur für die Bass-Parts musste sich der 37-Jährige etwas Unterstützung holen. Und das u. A. gleich von allerhöchster Stelle: Ex-Beatle Paul McCartney, das große Idol des Schotten, zupft beim relaxten "As It Comes" auf unverwechselbare Art die vier Saiten.
Wie die erste Single-Auskopplung "Buttercups", weicht auch der Rest des Albums nicht allzu weit vom Stil ab, den Healy mit seiner Band pflegt und etabliert hat. Der schon immer melancholisch angehauchte Sound des Wahl-Berliners klingt hier nur noch ein paar Stufen ruhiger, nachdenklicher. Das Ergebnis ist eine schnell ins Ohr gehende Sammlung von Songs, der allerdings streckenweise das bei Travis von Gitarrist Andy Dunlop beigesteuerte, etwas Rotz und Dynamik hinein bringende, Rock-Element eindeutig abgeht. Wodurch die CD leider gelegentlich allzu eintönig daher kommt.

FRAN HEALY
Wreckorder
Ryko
2010-10-08


FRAN HEALY – "As It Comes"

BLACK COUNTRY COMMUNION: 2

So langsam darf einem der Typ unheimlich werden. Kommt, gerade zweieinhalb Monate nach seiner letzten Platte „Dust Bowl“, doch schon wieder Neues vom aktuellen Bluesrock-Star Joe Bonamassa. Hier zum zweiten Mal im Supergroup-Verbund mit Sänger/Bassist Glenn Hughes (Deep Purple, Trapeze etc.), Drummer Jason Bonham (u. a. Foreigner und – als Ersatzmann für seinen seligen Vater John – bei diversen Led-Zeppelin-Reunions) sowie Keyboardwunder Derek Sherinian (Dream Theater, Yngwie Malmsteen, Alice Cooper etc.). Erneut geht es noch etwas rockiger, härter zu, als auf den zuletzt ebenfalls schon recht deftigen Soloalben des Gitarristen. Diese Richtung legen gleich die schnellen, rauen "The Ousider" und "Man in the Middle" fest. Auch im weiteren Verlauf drückt der Vierer dann das Gaspedal gern mal bis zum Anschlag durch, sorgt aber auch geschickt für Abwechslung. Etwa beim keltisch angehauchten "The Battle for Hadrian's Wall", dem grandiosen Slow-Blues "Little Secret", der Halbballade "An Ordinary Son" oder dem zunächst entspannt beginnenden, dann allerdings majestätisch anschwellenden "Faithless".
"2" ist ein exzellentes Rockalbum im coolen 70er-Sound, das eindrucksvoll illustriert, wie derzeit offenbar alles zu Gold wird, was Mr. Bonamassa anfasst.

BLACK COUNTRY COMMUNION
2
(Mascot)
2011-06-10


BLACK COUNTRY COMMUNION – „The Outsider“

STATUS QUO: Quid Pro Quo

Endlich! Nach zuletzt ausgesprochen laschen Scheiben und einem noch schläfrigeren Solo-Ausflug von Frontmann Francis Rossi, lassen es die englischen Boogie-Rocker hier doch nochmal wieder so richtig krachen. Sowohl was die Kompositionen, als auch deren klangtechnisch fette Umsetzung (z. B. die wunderbar aggressiven Drums) angeht, sind die Veteranen hier so nah am Sound ihres kreativen Zenits während der 70er dran, wie - nun ja - seit damals nicht mehr. 
So herrlich unverkrampft groovenden, dabei gleichzeitig satt nach vorne peitschenden Nummern wie "Two Way Traffic",
"Frozen Hero" oder "Rock ’n’ Roll ’n’ You" hört man die Verwandtschaft zu ewigen Klassikern vom Schlage "Paper Plane" (1972), "Caroline" (1973) und "Down Down" (1974) umgehend an.  
Status Quo legen hier eine beeindruckende Rückkehr zur Bestform hin. Bitte exakt so weitermachen. Dann darf der eigentlich längst wohlverdiente Ruhestand gern noch ein paar Jahr(zehnt)e warten.

STATUS QUO
Quid Pro Quo
earMusic
2011-05-27
statusquo.co.uk

STATUS QUO - "Two Way Traffic"

2011-05-28

DUFF McKAGAN'S LOADED: The Taking

Das zweite Album der Band um den früheren Guns-N'-Roses- und Velvet-Revolver-Bassisten bietet ein paar knackig rockende Nummern wie "Lords of Abaddon" oder "Indian Summer". Letztlich ist der punkig angehauchte Hardrock allerdings zu durchschnittlich und gewöhnlich, um aus dem Wust der Veröffentlichungen heraus zu stechen und länger im Ohr hängen zu bleiben. Angesichts des bisherigen Oeuvres steht mittlerweile gar zu bezweifeln, ob die ansonsten arg gesichtslos wirkende Truppe, ohne den berühmten Namen ihres Leaders, überhaupt jemals einen Plattendeal erhalten hätte.
  
DUFF McKAGAN'S LOADED
The Taking
(Armory)
2011-04-15


DUFF McKAGAN'S LOADED - "Indian Summer"
 

OHRENFEINDT: Schwarz auf Weiss

Die drei Kiezrocker aus Hamburg zielen schnörkellos und geradeaus, voll auf die Zwölf. Ihr dreckig-satter Sound im Stile von AC/DC mit Bon Scott plus einem Schuss 70er-Status-Quo ist herrlich reduziert und auch deshalb so erdig. Mehr bzw. weniger geht nicht, bei gnadenlos groovenden Rotzrockern à la "Alles auf Rot" oder ruhigeren Blues-Tracks wie "Heul den Mond an". 
Auch die von Frontmann Chris Laut mal gebrüllten, dann wieder gefühlvoll gekrächzten Texten sind einmal mehr ausgenommen clever formuliert. Bestes Beispiel dafür: das geniale "’N Job bei ’ner Bank".
Treffender als mit einem ihrer eigenen Songtitel lassen sich Ohrenfeindt und ihr viertes Studiowerk kaum beschreiben: "St. Pauli, du rockst!"

OHRENFEINDT
Schwarz auf Weiss
Hirnsturm
2011-04-15


OHRENFEINDT - "Sie hat ihr Herz an St. Pauli verloren"




OCEANSIZE: Self Preserved While the Bodies Float Up

Die Band aus Manchester hat es mit ihrem progressiven Sound zwischen versponnen ruhigem Art- und dreckig dröhnenden Post-Rock bereits zu einer beachtlichen Menge von Fans auch bei uns gebracht. Eine Zahl, die dank ihres vierten Albums sicher noch steigen wird. Geben sich Oceansize hier doch – etwa bei Stücken wie dem mächtigen "Part Cardiac" oder dem ruhigen, melancholischen Pine" – deutlich gradliniger und zugänglicher als bisher. 
Was nicht bedeutet, dass keine ihrer sonst so typischen Frickel-Nummern dabei wären. Der psychedelisch-atmosphärische Neun-Minüter "Oscar Acceptance Speech" oder das mit teil fast schon ver- bzw. entrückt anmutenden Rhythmuswechseln ausgestattete "It’s My Tail" dürften da sicher die Top-Kandidaten sein.  

OCEANSIZE
Self Preserved While the Bodies Float Up
Superball
2010-09-03


OCEANSIZE - "SuperImposer"